Der Begriff „Drohende Gefahr“ kommt vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Bayern muss das übernehmen.

Falsch. Das BVerfG hat den Begriff in seiner Rechtsprechung zum BKA-Gesetz zwar benutzt, aber auf einen viel engeren Anwendungsbereich reduziert. Das BVerfG hat den Begriff im Bereich der Terrorismusabwehr zum Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter angesiedelt. Im PAG wird der Begriff aber zur allgemeinen Gefahrenabwehr verwendet und trifft damit alle Bürgerinnen und Bürger.

Es gibt doch jetzt überall im PAG einen Richtervorbehalt, damit ist doch alles in Butter!

Falsch. Nicht für alle neu geschaffenen Eingriffsbefugnisse gibt es den Richtervorbehalt, wie z. B. die Durchsuchungen von Speichermedien. In Eilfällen (Gefahr im Verzug) kann die Polizei zudem auch ohne richterliche Erlaubnis handeln. Außerdem ist der Richtervorbehalt kein Blankoscheck gegen Eingriffe in unsere Freiheitsrechte. In der Praxis bedeutet das nur, dass ein*e Richter*in über die Zulässigkeit der polizeilichen Maßnahme vor ihrem Einsatz zu entscheiden hat. Sie muss nach Aktenlage und unter Zeitdruck entscheiden und mit neu geschaffenen Rechtsbegriffen operieren („drohende Gefahr“, „erhebliche Eigentumspositionen“).

Wir brauchen die neuen Befugnisse, weil wir doch jetzt das Internet und Co. haben!

Moderne Polizeiarbeit ist sehr wichtig. Aber in erster Linie wird die Arbeit der Polizei nicht durch mangelnde Eingriffsbefugnisse erschwert, sondern durch zu wenig Personal, zu wenig Zeit für Aus- und Fortbildung und veraltete Ausstattung. Da muss man ansetzen!

Warum soll die Polizei denn nicht über dieselben Technologien verfügen, wie die Kriminellen?

Tatsächlich ist es die Eigenschaft der Kriminellen, dass sie Dinge tun und Mittel verwenden, die rechtswidrig sind. Die Polizei muss sich an die verfassungsrechtliche Ordnung halten und hat die Freiheits- und Bürgerrechte zu achten.

Handgranaten waren schon immer im PAG.

Mit dem neuen PAG werden die Einsatzmöglichkeiten von Explosivgeschossen ausgedehnt und die Eingriffsschwelle abgesenkt. Der Einsatz solcher Mittel birgt immer eine erhebliche Gefahr für die unbeteiligte Bevölkerung. Als Begründung wird der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 herangezogen, obgleich die Situation damals für den Einsatz von Explosivmitteln gänzlich ungeeignet war. In einer Menschenmasse verbietet sich der Einsatz von Explosivmitteln.

Beim Berliner Marathon hat die Polizei zwei Personen in Gewahrsam genommen, da waren doch auch alle froh.

Die Polizei in Bayern hatte auch vor 2017 die Möglichkeit, Personen, von denen unmittelbare Gefahren ausgehen, in Präventivgewahrsam zu nehmen, und zwar bis zu zwei Wochen. Damit hatte bayerische Polizei eine im Bundesvergleich schon sehr umfangreiche Handlungsmöglichkeit, dafür braucht es keine Neuordnung des PAG.

Wir brauchen ein neues Polizeiaufgabengesetz, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des europäischen Datenschutzes umzusetzen.

Falsch. Bayern muss zwar höherrangiges Recht umsetzen. Für die massive Ausweitung der Eingriffsbefugnisse der Polizei und die Absenkung der Eingriffsschwelle durch die Ausdehnung der drohenden Gefahr auf beinahe alle Eingriffsbefugnisse besteht kein Zwang. Die Umsetzungsfrist des EU-Datenschutzrechts hat die CSU zum Vorwand genommen, um ruck-zuck noch schnell das Bayerische Polizeirecht umzukrempeln.

Die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg hat genau das Gleiche in ihr Polizeigesetz geschrieben wie jetzt in Bayern und den Begriff der drohenden Gefahr eingeführt.

Falsch. Das, was in Baden-Württemberg ins Polizeigesetz hineingeschrieben wurde, ist in keiner Weise mit dem vergleichbar, was in Bayern von der CSU beschlossen wurde. Der Begriff der drohenden Gefahr wird dort sehr streng so verwendet, wie das Bundesverfassungsgericht es vorgesehen hat und beschränkt sich auf den engen Anwendungsbereich des Terrorismus. In Bayern hingegen wird die Ausnahme zur Regel erhoben und auf das allgemeine Polizeirecht ausgeweitet.